26.10.2010
Ca. 00.36 Uhr.
Es ist der Alptraum eines Jeden – ein Feuer bricht mitten in der Nacht aus und raubt den Bewohnern nicht nur den Schlaf, sondern letztlich auch das Zuhause. In der Bleichstraße legte in der Nacht zum Dienstag ein Unbekannter Feuer.
Wie schwarze Finger greifen die Dachbalken in den hellen Tageshimmel. Neugierig bleiben Passanten stehen, schauen hoch zu dem weißen Fachwerkhaus. Dass es hier gebrannt hat, ist nicht zu übersehen.
Noch völlig unter Schock stehend, sortieren ein paar Bewohner ihre Habseligkeiten. Nein, reden wollen sie nicht über die schrecklichen Stunden der vergangenen Nacht.
Schreck zu nächtlicher Stunde: Kurz nach Mitternacht kommt der Bewohner einer Dachgeschosswohnung in der Bleichstraße 10 nach Hause, schon auf der Straße sieht er Flammen in seiner Wohnung. Sein Löschversuch muss scheitern, er läuft auf die Straße, informiert die Nachbarn und die Feuerwehr. 36 Minuten nach Mitternacht geht in der Hauptberuflichen Wachbereitschaft der Alarm los. Was die Feuerwehrmänner sehen, lässt Schichtleiter Frank Poerschke sofort zum Funk greifen. Die freiwillige Wehr rückt aus, wenig später ist auch für die Wehrleute in Klein Quenstedt, Aspenstedt, Emersleben und Langenstein die Nacht zu Ende. “Wir sind durchgestartet mit allem, was wir hatten”, wird am nächsten Morgen Thomas Tetschke von der Freiwilligen Feuerwehr Halberstadt sagen. “Das war schon ein Hammer”. Das Feuer schlägt bereits durch die Dachhaut.
“Wegen der beengten Bauweise bestand die Gefahr, dass die Flammen auf die angrenzenden Wohnhäuser übergreifen”, erklärt Einsatzleiter Jörg Kelle den nächtlichen Klingelzug von Polizisten und Feuerwehrleuten, die letztlich 23 Menschen evakuieren, wie Polizeihauptkommissar Uwe Becker ergänzt. Viele von ihnen wärmen sich in Mannschaftswagen der Feuerwehr auf. Zwei ältere Bewohner werden mit einem nachgeforderten Rettungswagen in ein Seniorenheim gebracht und dort betreut. Insgesamt 62 Wehrleute sind an den Löscharbeiten beteiligt, sichern die Nachbargebäude, betreuen die aufgeschreckten Bewohner. Zu ihnen gehört auch Nico Schellenberger. Er dachte erst an einen schlechten Scherz, als es mitten in der Nacht an der Wohnungstür klopft. Doch dann sieht er den Feuerschein und bringt sich in Sicherheit. Angst hatte er nicht, sagt der junge Mann, nur als einige Flammen auf dem Dach seines Hauses tanzen wird ihm mulmig. Nach ein paar Stunden auf der Straße kann er wieder in seine Wohnung, was auch seine kleine Katze Kitty freut. Mike Hoffmeister, ein Bewohner des Nachbarhauses, erinnert sich mit Schrecken an die Brandnacht. “Plötzlich klingelte es, der Mieter aus der Wohnung, die nebenan brannte, stand vor der Tür und schlug Alarm. Ich alamierte anschließend die Bewohner unseres Hauses. Dann schnappte ich meinen Hund Whisky und rannte auf die Straße. Es war kalt, es stürmte, alle froren. Gott sei dank durften wir uns in einen Mannschaftstransporter der Feuerwehr setzen”, berichtet Mike Hoffmeister.
“Das sieht man sonst nur im Fernsehen. Wenn so etwas nebenan passiert, das ist schon spannend”, sagt Dominic Hentschel. Er hat den Löscheinsatz ebenfalls hautnah erlebt. Dass er nun am Tag danach so locker darüber reden kann, liegt auch daran, dass niemand zu Schaden gekommm ist. Jedenfalls nicht körperlich.
Bis 4.15 Uhr sind die Wehrleute noch im Einsatz, ist die Bleichstraße voll gesperrt. Zwei Mitarbeiter der Halberstadtwerke waren ebenfalls alarmiert worden, sie stellten Gas-, Strom- und Wasserversorgung in dem Brandhaus ab. Auch die Nachbarhäuser hatten zeitweise keinen Strom, weil erstmal ein größerer Verteiler als Schaltstelle diente, bis der Fachmann dann im Brandhaus selbst die Hauptsicherung ausschalten kann.
Das Haus, in dem sich insgesamt sechs Wohnungen befinden, ist erstmal nicht bewohnbar. Feuer und Löschwasser haben ganze Arbeit geleistet. Die meisten Bewohner sind bei Verwandten untergekommen, für einen Mieter hat die Stadtverwaltung ein Notquartier zur Verfügung gestellt.
Insgesamt schätzt die Polizei den Sachschaden auf rund 150 000 Euro. Und am Nachmittag dann haben die Beamten auch die traurige Gewissheites war kein technischer Defekt oder ein Zigarettenrest, der zum Brand führte, sondern Brandstiftung. “Das Ergebnis der Brandermittler ist eindeutig”, sagt Polizeisprecher Peter Pogunke. “In der Wohnung, wo das Feuer ausgebrochen war, wurden zwei Brandausbruchsstellen gefunden, die vorsätzlich angelegt wurden.”
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