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Innenminister hört Alarmglocken

19.02.2016

Sicherheitsfragen haben am Mittwochnachmittag im Mittelpunkt einer hochkarätig besetzten Gesprächsrunde in der Feuerwache Halberstadt, Am Breiten Tor, gestanden. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht, Landtagsabgeordnete Frauke Weiß, Landtagskandidat Daniel Szarata (alle CDU) und Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) diskutierten mit ehrenamtlichen und hauptamtlichen Vertretern der Feuerwehr. Im Mittelpunkt standen Personal- und Finanzsorgen der Wehr.
Die Alarmglocke schlagen die Spitzen der Halberstädter Feuerwehr bereits seit Jahren. Den acht Wehren im Stadtgebiet Halberstadt geht der Nachwuchs aus. „Ein Fußballverein ruft seine Spieler zum Spiel, wir unsere Mitglieder meist erst nach dem Fußballspiel“, sagt Jörg Kelle, Abteilungsleiter Feuerwehr der Stadtverwaltung Halberstadt. Viele würden die Einsatzzeiten von einem ehrenamtlichen Engagement abschrecken.
Der Brandamtsrat belegt das mit einer erschreckenden Zahl: „Seit 2010 hat die Ortswehr Halberstadt 30 Prozent ihrer Einsatzkräfte verloren.“ Vor diesem Hintergrund müsse einem jedoch bewusst sein, dass der Brandschutz in der Kreisstadt – eine Pflichtaufgabe der Stadt – zu 80 Prozent mit Ehrenamtlern abgesichert werde. Stadtjugendwart Sven Leistner: „Die Nachwuchsarbeit im Kinder- und Jugendalter in Halberstadt klappt sehr gut. Im Jugendbereich ist das Interesse so groß, dass es Wartezeiten gibt. Die Probleme beginnen ab 16.“ Mit Start in die Lehre sei der Nachwuchs für die Feuerwehr verloren, weil die Jugendlichen Halberstadt verlassen würden. Sämtliche Aktivitäten, dem erfolgreich gegenzusteuern, seien bislang ins Leere gelaufen.
Gut sei hingegen die materielle Ausstattung der Feuerwehr Halberstadt, sagt Jörg Kelle. Erst 2015 habe die Feuerwehr Dank Landesförderung ein Löschfahrzeug für 363 000 Euro kaufen können. Anders sei das hingegen auf „dem platten Land“. Das Land würde nur die Schwerpunktfeuerwehren fördern. Die Ortswehren auf den Dörfern hätten dagegen sehr schlechte Chancen. Das würde sich dort im sehr alten Fahrzeugbestand widerspiegeln, der teils älter als die Feuerwehrmitglieder sei.
Oberbürgermeister Andreas Henke bestätigt, dass „die Schuhe an vielen Stellen drücken“ würden. „Die angespannte Haushaltslage macht die Arbeit nicht einfacher.“ Trotzdem würden für die Feuerwehren im noch nicht bestätigten Etat 2016 der Kreisstadt etwa 400 000 Euro für Investitionen stehen.
„Hier wird unendlich viel geleistet“, bedankt sich Holger Stahlknecht für das Engagement der Feuerwehren. Der Innenminister bekennt, dass es einen Invest-Stau bei den Einsatzfahrzeugen gebe. Zwar seien in erster Linie die Städte für die Ausstattung der Wehren verantwortlich, dies fällt den Kommunen angesichts der starken Finanzprobleme zunehmend schwerer, räumt er ein. Im Fördertopf der Landesregierung seien jährlich zwei Millionen Euro verankert. Dies ist allerdings ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wir brauchen ein anderes System“, so der Minister. Dass wüsste man nicht nur, weil am 13. März Landtagswahl sei. Bereits seit über einem Jahr würde man daran arbeiten. „Wir müssen unbedingt etwas für die innere Sicherheit tun. Daher will ich mich dafür einsetzen, dass pro Jahr 30 bis 50 Millionen Euro in den Landeshaushalt eingestellt werden“, betont Holger Stahlknecht. Ziel sei, den Kauf von Einsatzfahrzeugen mit bis zu 60 Prozent zu fördern.
„Die Nachwuchssorgen zu lösen, ist schwieriger als Geld zu besorgen“, gesteht der Minister. Sein Vorschlag: „Nehmen Sie Jugendliche unter den Arm und sagen Sie, wir sind eine tolle Truppe.“
Stadtwehrleiter Harald Böer berichtet von einem neuen Weg der Nachwuchssicherung, den die Feuerwehr der Partnerstadt Wolfsburg beschritten hat. Dort sei ein Image-Film gedreht worden, der gut und erfolgreich sei. Eine Idee, die der Innenminister als „sehr gut“ bewertet.
OB Andreas Henke schlägt vor, über die Roland-Initiative nochmals einen Appell an die ortsansässigen Betriebe zu richten, die Arbeit der Feuerwehr zu unterstützen.

Quelle: Volksstimme / Jörg Endries


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