01.08.2015
Täglich stellen sich neue Herausforderungen: Wie organisiert man binnen kürzester Zeit 600 Isomatten als Wärmeschutz? Was machen, um große Zelte in kühlen Nächten einigermaßen zu temperieren? Und Schlafsäcke – 600 Stück und natürlich binnen allerkürzester Zeit – wie ist das zu machen? Fragen, oder besser: Probleme, die in den vergangenen Tagen in der Zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge (ZASt) im Fokus standen. Darauf Antworten zu finden, war nicht immer einfach.
Der größte Lohn für die Mühe: Mit diesem Plakat bedankten sich syrische Flüchtlinge bei den Helfern.
Schließlich stehen derartige Artikel aktuell hoch im Kurs, weil praktisch alle Bundesländer vor der Herausforderung stehen, auf den Strom von Flüchtlingen zu reagieren.
“Aber wir haben es geschafft”, sagt ein Polizeibeamter, der involviert war in die Beschaffung von 600 Isomatten. Nach zig Telefonaten und einer logistischen Meisterleistung über Ländergrenzen hinweg rollte am Abend ein Laster mit der ersehnten Fracht aufs ZASt-Gelände am Rand der Stadt.
Dort herrscht weiter Gewusel. Nicht nur wegen der gegenwärtig rund 1500 Flüchtlinge, die in den festen Gebäuden, einer Turnhalle und den eilends errichteten Zeltlagern untergebracht sind, sondern auch wegen der Helfer. Sie sind da und packen an – teilweise mehr als 100 gleichzeitig.
Neben DRK, Maltesern und Lebensrettungsgesellschaft haben vor allem THW-Helfer geklotzt. Erst wurden binnen drei Tagen rund 80 Zelte für rund 600 Menschen aufgebaut. “Als die standen, kam der Sturm und mit ihm die Frage der zusätzlichen Sicherung”, berichtet die Halberstädter THW-Sprecherin Sandra Pampus.
Zusammen mit THW-Kollegen aus Halle und Magdeburg wurden eilends 300 Big-Bags mit Sand gefüllt, an den Zelten platziert und diese an den Big-Bags fixiert. Eine Akkord-Arbeit, weil die Sturmfront näher kam. Kaum war dies erledigt, zeigte sich das nächste Problem: Die Zelte waren nicht dauerhaft dicht, obendrein war es in den vergangenen Nächten empfindlich kalt, sodass mitten im Sommer das Thema Heizung akut wurde. Gelöst ist nun auch dies – Dieselaggregate sorgen nun für Warmluft in den Zelten.
Während Sandra Pampus im Engagement des THW in der ZASt aus logistischer Sicht erstmal einen “normalen” Einsatz sieht, ziehen Polizeibeamte den Hut vor den Ehrenamtlern: “Egal, ob THW, DRK oder die anderen Helfer – sie sind zur Stelle, wenn sie gebraucht werden, top motiviert und hervorragend organisiert”, heißt es immer wieder.
Lob, das Sandra Pampus und all ihre Kollegen – auch die von anderen Hilfsorganisationen – gern hören. Lob, das zugleich motiviert bei jenen ehrenamtlichen Einsätzen am Wochenende oder zwischen den regulären beruflichen Schichten.
Das bestätigt Eileen Odenbach von der THW-Bergungsgruppe. “Die anfängliche Distanz der Flüchtlinge wandelte sich zusehends in Freundlichkeit, dankbare Gesten, spontane Mithilfe und freundliche Begrüßungen oder Verabschiedungen”, erzählt die Truppführerin, die an fünf Tagen 50 Stunden vor Ort war. Dabei der größte Dank: “Strahlende Kinderaugen – das spornt an, anderen Menschen zu helfen.”
Auch Sandra Pampus war schockiert und tagelang sehr berührt. “Man hat den extremen Vergleich und sieht, dass es uns doch sehr gut geht, wie wir leben. Ich möchte niemals in diese Situationen kommen – aus meinem Land zu flüchten und unter solchen Bedingungen leben zu müssen. Besonders ergriffen war ich, dass so viele Kinder dabei sind, die ihr Leben noch vor sich haben.”
Nur wer selbst vor Ort in der ZASt war, könne die gesamte Situation der Flüchtlinge einigermaßen verstehen und überhaupt darüber “urteilen”, sind sich die beiden Frauen einig. Besonders gefreut haben sie – und viele andere Helfer – sich über eine Geste von syrischen Flüchtlingen. Die hatten über Nacht ein selbst gemaltes Schild am Versorgungszelt platziert und sich bei den Helfern bedankt. “So was motiviert, neben dem Beruf auch noch privat viel Zeit aufzubringen”, sagt die 41-jährige Eileen Odenbach, die als Schaffnerin im Nahverkehr der Bahn unterwegs ist. “Es sind anstrengende Tage, aber die Flüchtlinge sind dankbar dafür – das freut uns und gibt uns Kraft”, ergänzt Sandra Pampus.
Viel Freizeit investieren dieser Tage auch Feuerwehrleute aus Halberstadt. Sie stellen seit Freitag voriger Woche rund um die Uhr eine Brandwache mit sechs Mann und einem Löschfahrzeug in der ZASt – “unsere neue Wache ,Süd`”, sagt Abteilungsleiter Jörg Kelle. Neben den sechs hauptberuflichen Kräften, die sich stets regulär in der Stadtwache bereithalten, werde diese Zusatzwache mit freiwilligen Wehrmitgliedern und hauptberuflichen Kollegen in den Freischichten besetzt. Der Lohn für die personelle Herausforderung: “Vor allem Familien mit Kindern zeigen große Dankbarkeit”, berichtet Jörg Kelle.
Quelle: Volksstimme