31.01.2015
von Gerald Eggert
Die Mitglieder der Ortsfeuerwehr Halberstadt sind 2014 nicht nur zu 74 Einsätzen ausgerückt, sondern haben auch das 140-jährige Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Halberstadt würdig begangen. Auf der Jahreshauptversammlung wurde Bilanz gezogen, befördert und geehrt.
“2014 war ein besonders ereignisreiches Jahr”, begann Thomas Dittmer seine Rückschau. “Mit 74 Einsätzen stehen drei mehr als im vorhergehenden Rekordjahr zu Buche.” Unter anderem wurde 34 Mal zur Brandbekämpfung und elf Mal zu technischen Hilfeleistungen gerufen.
“Nach wie vor bilden die Brandeinsätze wegen ihres Gefährdungspotenzials den Schwerpunkt im Feuerwehrdienst”, betonte der Ortswehrleiter und verwies auf etliche Brände in bewohnten Häusern, welche die jeweilige Einsatzsituation weiter verschärft hätten. Dittmer nannte den Wohnhausbrand im Küchengarten, Keller- bzw. Hausflurbrände in der Quedlinburger Straße, Kulkstraße und Bei den Spritzen sowie Wohnungsbrände in der Heinrich-Julius-Straße, Gröperstraße und Gerberstraße.
Sei bei manchen Bränden fahrlässiges Handeln Ursache gewesen, habe die Polizei leider zu oft feststellen müssen, dass Brände vorsätzlich gelegt worden waren. So auch beim letzten Einsatz 2014. Ein Feuer in einer Tiefgarage im Seidenbeutel setzte Autos und das Wohngebäude in Brand. Ein Übergreifen auf die Nachbarhäuser konnte die Feuerwehr verhindern.
Einen Höhepunkt an Dreistigkeit nannte der Ortswehrleiter die Tat eines jungen Mannes, der im September kurz vor Ladenschluss im Kaufland eine Palette mit Grillholzkohle anzündete.
Viel zu tun gab es im Sommer aufgrund der beiden großen Unwetter. Die Kanalisation verkraftete die Wassermassen nicht, zahlreiche Keller wurden überflutet. Nur mit Unterstützung anderer Ortswehren sei man Herr der Lage geworden.
“Zu einer nicht alltäglicher technischen Hilfeleistungen wurden wir im Juni gerufen. Ein Linienbus war, nachdem der Fahrer das Bewusstsein verloren hatte, mehrere hundert Meter führerlos durch die Straße geschlingert, bevor er durch die Kollision mit einem Haus zum Stehen kam. Der Fahrer kam ums Leben, sieben Fahrgäste wurden verletzt. Es grenzt an ein Wunder, dass keine Fußgänger in der belebten Straße vom Bus erfasst wurden”, sagte Dittmer.
Um auf alle Einsatzarten bestens vorbereitet zu sein, investieren die Kameradinnen und Kameraden sehr viel Zeit in die Ausbildung. Zu den dafür genutzten 51 Dienstabenden mit insgesamt 2286 Stunden regulärer Ausbildung gesellten sich fünf weitere Ausbildungen mit 298 Dienststunden. “Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Ausbildungsaktivitäten von Kameraden mit speziellen Qualifikationen, die sie selbstständig organisieren und zusätzlich zum normalen Dienst leisten.” 2014 nahmen zudem zwölf Kameraden auf Kreisebene und fünf auf Landesebene an Lehrgängen teil.
2014 war das 140. Gründungsjahr der Freiwilligen Feuerwehr Halberstadt. “Dieses Jubiläum prägte einen nicht unerheblichen Teil des Feuerwehrlebens außerhalb von Einsätzen und Ausbildungsdienst”, erinnerte Dittmer und verwies auf den sehr gut besuchten Tag der offenen Tür und die Festveranstaltung im Ratssaal, auf der die Feuerwehr mit dem Titel “Verein des Jahres” geehrt wurde. Gefreut habe man sich auch über die leichten Einsatzjacken, für die der Feuerwehrförderverein die WGH als Sponsor gewonnen hatte.
Nach wie vor sei die dünne Personaldecke das größte und sehr ernst zu nehmende Problem. Derzeit zählt die Ortsfeuerwehr nur noch 34 einsatzfähige Feuerwehrfrauen und -männer plus sieben Gastkameraden. Es konnten zwar acht Neue begrüßt werden, von denen sechs ausgebildet und frühestens in einigen Monaten für den Einsatzdienst zur Verfügung stehen werden, dafür gilt es zehn Abgänge zu verkraften. “Der Mangel an Einsatzkräften ist mittlerweile praktisch spürbar. Die durchschnittliche Einsatzbeteiligung lag bei 14,1, die maximale bei 21 Leuten. Eigentlich müssten wir 24 Funktionsstellen besetzen. Das haben wir nicht einmal geschafft.”
Als direkte Folge der zu dünnen Personaldecke nannte Dittmer die Ausrückzeit. “Wenn weniger Personal zum Einsatz kommt, muss zwangsläufig auf Kameraden gewartet werden, die aus unterschiedlichsten Gründen nach der Alarmierung etwas mehr Zeit brauchen, bis sie die Wache erreicht haben.”
Für 2015 kündigte der Ortswehrleiter die Anschaffung eines neuen Löschfahrzeuges und Schutzkleidung in großem Umfang an. Spezialausbildungen seien geplant, darunter ein Fahrsicherheitstraining, welches das sichere Ankommen bei Einsatzfahrten unter extremen Bedingungen zum Inhalt hat. “Auch in diesem Jahr wird es viel zu tun geben”, sagte er und rechnete nach acht Einsätzen im Januar hoch: “Über 70 Einsätze könnten es werden.”
“Der Bericht unterstreicht noch einmal, dass die Feuerwehr die Auszeichnung ‘Verein des Jahres` zu recht erhalten hat”, betonte Andreas Henke. Die Stadt könne die Einsätze mit Hauptberuflicher Wachbereitschaft allein nicht leisten, sie sei auf die Hilfe der Ortsfeuerwehr angewiesen. Der OB zollte allen Ehrenamtlichen Respekt und versicherte:
“Wir werden sie in ihrer wichtigen Arbeit mit unseren Möglichkeiten weiterhin unterstützen.”
Beförderungen:
Martin Schulz zum Brandmeister,
Steffen Kelle zum Löschmeister,
Florian Kuppermann zum Löschmeister,
Melanie Schulz zur Hauptfeuerwehrfrau,
David Stadtler zum Oberfeuerwehrmann,
Ricardo Geisler zum Feuerwehrmann
Abzeichen für treue Dienste:
Chris Buchold, Stufe I (10 Jahre)
Christian Heyer, Stufe II (20 Jahre)
Sven Leistner, Stufe II (20 Jahre)
Hella Aukthun, Stufe V (50 Jahre)
Ortswehrleiter Thomas Dittmer (links) und Oberbürgermeister Andreas Henke (rechts) mit den beförderten bzw. geehrten Feuerwehrfrauen und -männern Florian Kuppermann, Ricardo Geisler, Chris Buchold, Christian Heyer, Hella Aukthun, Melanie Schulz, Sven Leistner, Martin Schulz und Steffen Kelle (von links).
Foto: Gerald Eggert
Quelle: Volksstimme