30.12.2003
Die Halberstädter Feuerwehr sucht dringend Nachwuchs. Weil Arbeitsplätze fehlen, wandern potenzielle Mitglieder in den Westen ab. Mit speziellen Vergünstigungen und dem Werben von weiblichen Mitgliedern könnte Personalmangel entgegen gewirkt werden.
Harald Böer, Halberstadts Feuerwehrchef, hat Sorgen. Wenn, wie zurzeit, zwei seiner Feuerwehrleute wegen Krankheit ausfallen, kann er die Einsatzstärke der hauptberuflichen Wachbereitschaft nur noch gerade so aufrecht erhalten. Angesichts der großen finanziellen Sorgen, die die Stadt drücken, ist an eine notwendige personelle Aufstockung derzeit aber kaum zu denken.
18 Mitarbeiter umfasst die Halberstädter Berufsfeuerwehr. Das mag zunächst viel klingen, allerdings müssen mit ihnen nicht nur eine ständige Wachbereitschaft über 24 Stunden täglich und 365 Tage im Jahr abgesichert werden, sondern auch Urlaub und dienstfreie Tage. Vier Mann schieben an den Wochenenden Wachdienst, fünf Mann werktags. Wenn dann längere Krankheitsausfälle dazu kommen, wird es für Harald Böer problematisch. Glücklicherweise können die Berufsfeuerwehrleute im Ernstfall mit Verstärkung durch die Freiwillige Feuerwehr Halberstadt rechnen. “Wenn unsere Kräfte nicht ausreichen, wird die freiwillige Feuerwehr nachalarmiert. Notfalls alarmieren wir zusätzlich Feuerwehren unserer Ortsteile Emersleben und Klein Quenstedt oder von Nachbargemeinden”, erläutert Böer. Doch auch die “Freiwilligen” haben Personalprobleme. Über 43 aktive Mitglieder verfügt die Halberstädter freiwillige Feuerwehr, etwa doppelt so viele sollten es eigentlich sein. In den Ortsteilen sieht es kaum besser aus. Zwar hat Klein Quenstedt mit 19 Mann gerade eine einsatzfähige Stärke erreicht, doch Emersleben mit 16 aktiven Feuerwehrleuten ist ein wenig das Sorgenkind des Feuerwehrchefs. Hauptursache liegt laut Böer im Fehlen von Arbeitsplätzen in der Region. “Unsere Nachwuchsarbeit ist gut, wir investieren viel Zeit und Engagement dafür. Zurzeit haben wir etwa 40 aktive jugendliche Feuerwehrleute in unseren Reihen. Doch oftmals kehren die Jugendlichen schon während der Lehre oder beim Einstieg in den Beruf der Region den Rücken, weil sie hier keine Arbeit finden. Dann profitieren andere von unserer guten Jugendarbeit”, sagt der Feuerwehrchef. Da sich in Sachen Arbeit kurzfristig kaum etwas ändern dürfte, müsse man auf anderen Wegen an freiwillige Mitglieder herankommen. Ein Manko: in der Halberstädter Feuerwehr gibt es keine einzige aktive Frau. “Frauen erobern nach und nach andere Männerdomänen, warum soll da die Feuerwehr zurückstehen? Deshalb wollen wir in nächster Zeit verstärkt um Frauen werben”, kündigt Harald Böer an. Besserung sei bereits in Sicht. Im Jugendbereich gebe es bereits mehrere Feuerwehrfrauen.
Zusätzlich könnte die Feuerwehr mit Vergünstigungen werben. “Denkbar wären freier Eintritt für kulturelle Veranstaltungen, für Sport- und Freizeiteinrichtungen oder auch Fitness-Studios. Das wird in manchen anderen Kommunen bereits praktiziert”, so Böer. In den vergangenen Jahren habe man versucht, unter den anderen städtischen Bediensteten freiwillige Feuerwehrleute zu werben, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. “Man muss schon mit Liebe und Herzblut dabei sein, zwingen oder drängen wollen und können wir deshalb niemanden”.
Am wenigsten Kopfzerbrechen bereitet dem Feuerwehr-Amtsleiter die technische Ausrüstung. Sowohl das neu gebaute Wach- und Gerätehaus, als auch die Fahrzeuge und anderen Geräte sind auf dem aktuellen Stand der Technik. Lediglich ein Löschfahrzeug für die Freiwillige Feuerwehr Emersleben müsste dringend ersetzt werden. Der W 50 stammt noch aus dem Jahr 1982. Zwar sei es bisher stets gelungen, das Fahrzeug einsatzbereit zu halten, doch mittlerweile gingen die Ersatzteile aus.