23.07.2002
Nachdem die jüngste Hochwasserflut im Landkreis überstanden ist und die Erfassung der Schäden läuft, werden Forderungen nach einer Verbesserung des Hochwasserschutzes laut. Vor allem an den Läufen von Ilse und Holtemme bleibt für die zuständigen Behörden in nächster Zeit einiges zu tun. Das Land hat allerdings in den vergangenen Jahren die Mittel für die Fluss-Unterhaltungsverbände gekürzt.
“Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen”, sagt Harald Böer, der Chef der Halberstädter Feuerwehr. Nur wenige Zentimeter höher, und das Hochwasser der Holtemme hätte am vergangenen Donnerstag Dämme überflutet und Stadtteile unter Wasser gesetzt. Bis auf 2,09 Meter war die Holtemme am Pegel Mahndorf gestiegen, normal sind etwa 0,35 Meter. So blieb es bei kleineren Schäden, wenn auch die Überflutung von Gärten an der Mahndorfer Strasse für Betroffene ärgerlich war. “Zum Glück waren vor einigen Jahren die Dämme am Krankenhaus erhöht worden, sonst hätte es schlimm ausgehen können”, sagt Böer. Angesichts der in den vergangenen Jahren gehäuft auftretenden Hochwasser hält es der Feuerwehrchef für dringend geboten, sich auf die Gefährdung einzustellen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. In der Region dafür zuständig sind der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (das frühere Staatlichen Umweltamt) sowie vier Unterhaltungsverbände. Deren Fachleute sind derzeit dabei, die Schäden an den Uferbefestigungen, Stauanlagen und anderen technischen Einrichtungen aufzunehmen. “Die größten Schäden sind entstanden, weil der überalterte Gehölzbestand an den Ufern dem Regen und Sturm nicht stand gehalten hat, zum Teil entwurzelt wurde und so die Uferböschungen beschädigte”, sagt Edmund Werner, der Halberstädter Bereichsleiter des Hochwasserschutz-Betriebes. Sein Betrieb ist zuständig für alle Fließgewässer erster Ordnung zwischen Brocken und Saale. Im Landkreis Halberstadt gehören dazu Ilse, Bode, Großer Graben und Holtemme. Seit Jahren sind Werner und seine Mitarbeiter dabei, Schwachstellen im Hochwasserschutz aufzuspüren und, abzustellen. Der Holtemme-Lauf an der Mahndorfer Strasse in Halberstadt etwa gehört dazu. Wenn die Genehmigungen vorliegen und die Finanzierung steht, könnte vielleicht noch in diesem Jahr damit begonnen werden, die Dämme zu verstärken. Parallel zur Planung solcher Einzelprojekte erstellt der Landesbetrieb für Hochwasserschutz eine Übersicht über potenziell gefährdete Gebiete. Effektiver als teure Dämme zu bauen, ist es nach Ansicht der Fachleute, so genannte Retentionsflächen, also Überflutungs.- und Rückhaltegebiete, auszuweisen. “Nur über solche Flächen können wir erreichen, dass die Bäche und Flüsse nicht mit solch einer Wucht durch die “Ortschaften fließen”, sagt Edmund Werner. Hochwasserschutz sei zwar eine öffentliche Aufgabe, allerdings habe jeder Grundstücksbesitzer an einem Bach oder Fluss die Pflicht, Hab und Gut selbst zu schützen. “Einen Einzelhausschutz übernimmt das Land nicht”, so Werner. Der Landesbetrieb komme zwar fürden Uferschutz auf, nicht aber für Uferbefestigungen, die einst errichtet wurden, um das Grundstück zu vergrößern. Viel Geld für die Gewässerunterhaltung steht dem Landesbetrieb mit etwa 600 000 Euro in diesem Jahr ohnehin nicht zur Verfügung. Und von den einst mehr als 30 Mitarbeitern, die noch vor Jahren im Staatlichen Amt für Umweltschutz in Sachen Gewässerunterhaltung und Hochwasserschutz tätig waren, sind zurzeit noch 16 übrig. “Das ist an der Schmerzgrenze”, sagt Edmund Werner. Noch problematischer sieht es offenbar in den vier Unterhaltungsverbänden aus, die für alle kleineren Bäche, Flüsse und Wassergräben im Landkreis verantwortlich sind. Vor fast genau drei Jahren warnte etwa Uwe Neumann, der Geschäftsführer des Unterhaltungsverbandes “Großer Graben”, davor, die Landesmittel für die Unterhaltungsverbände weiter zurückzufahren. Damals waren die Gelder gerade von 4,1 Millionen Euro auf 3,4 Millionen gekürzt worden. Laut Petra Franke von der Pressestelle des Umweltministeriums Sachsens Anhalt stellt das Land in diesem Jahr noch knapp 2,6 Millionen Euro zur Verfügung.
Nur wenige Zentimeter mehr und die Holtemme hätte auch in Halberstadt die Dämme überflutet.