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Dienst an Weihnachten

24.12.2001

Dienst an Weihnachten ist auch für die Hauptberuflichen der Halberstädter Feuerwehr angesagt. Heiligabend und die Feiertage seien Arbeitstage wie jeder andere Tag auch, meint Harald Böer, Amtsleiter der hiesigen Feuerwehr. Abgesehen von einem Frühstück mit einem Vertreter der Stadt, der sich bei diesem Anlass offiziell für die Arbeit der Feuerwehr bedankt. Das geschieht normalerweise bei Kaffee und Kuchen in gemütlicher Atmosphäre – wenn nicht gerade ein entlaufenes Zebu die volle Einsatzkraft der Bereitschaft erfordert und das heiligmorgendliche Zusammentreffen zwangsauflöst.
So geschehen im Jahre 1999, als alle fünf Diensthabenden auf den Äckern vor Wegeleben eine Treibjagd initiierten, um einem eben solchem afrikanischen Hochlandrind Herr zu werden. Ein Ende setzte dem Ganzen jedoch erst einer der ebenfalls im Einsatz befindlichen Polizisten, der Dank nebenberuflichem Hobby Reiten dem Rindvieh das Freilauf-Ende bereitete – hoch zu Ross und in der Hand ein Lasso.
Allgemein sind die Diensthabenden über die Feiertage allgemein recht angespannt. Die Gefahr, dass ein Weihnachtsbaum in Flammen aufgeht, ist zwar dank elektrischer Lichterkette nicht mehr allzu hoch, doch Weihnachtsgestecke werden in der Adventszeit doch noch immer wieder unbeaufsichtigt gelassen.
Das kann böse Folgen haben, musste Jörg Kelle an einem vorweihnachtlichen Wohnungsbrand mit eben dieser Ursache erkennen. Im November 1982 hatte er gerade erst seinen Dienst bei der Feuerwehr angetreten, als er in der Vorweihnachtszeit desselben Jahres zu einem Einsatz ausrücken musste, den er so schnell nicht wieder vergessen sollte.
Der Rauch kam schon in Schwaden aus Fenstern und Türen des Hauses, als er zum Unglücksort kam. Eine junge Frau stand ohne Schuhe im Schnee vor ihrer Wohnung. Sie rief nach ihren Kindern, die sich noch im Kinderzimmer des brennenden Hauses befanden. Die Feuerwehrleute gingen in das Haus, wo ihnen schon das ältere der beiden Kinder entgegenkam. Das zweite stand mitten in einem der bereits brennenden Räume. Auch dieses Kind konnte gerettet werden. Schlimmeres Unglück konnte damit verhindert werden. “Das sind Momente, die einen für manche Dinge, die man im Berufsalltag erlebt, wieder entschädigen.”
Sichtlich gerührt waren die Mitglieder der Feuerwehr, als sich nach einem Einsatz während eines Wohnungsbrandes am Silvesterabend im Westendorf eine gerettete Mutter und deren Kind mit einer kleinen Aufmerksamkeit bedankten. “Das kommt nicht so häufig vor, wie man vielleicht denkt. Obwohl der persönliche Einsatz oft über das notwendige Maß hinaus geht”, meint Harald Böer.” Doch wenn man dann diese Kinderzeichnung in der Hand hält, dann ist das ein gutes Gefühl, für das es mindestens einmal mehr wert war, Einsatz bis zum Letztmöglichen zu zeigen.” Das Bild liegt noch heute im Archiv der Feuerwehr.
Allerdings bedeutet Dienst an den Feiertagen bei der Feuerwehr nicht nur Einsätze außerhalb des Betriebsgeländes – ob Feuer oder viehische Angelegenheiten. Dienst über Weihnachten kann auch heißen, zwölf Stunden eine “ausgestiegene” Drehleiter wieder Instand zu setzen. Dienst an den Feiertagen heißt auch, stundenlang warten, während die Familie zu Hause das Fest begeht. Da kann es auch schon mal vorkommen, dass eine der Angetrauten mit Kind und Braten auf der Wache einrückt und das Weihnachtsfest flux dorthin verlegt.

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