20.03.2006
Kurz vor 18 Uhr zerreißt ein durchdringender Ton die abendliche Ruhe im Wohnheim am Park des Anna-Mansfeld-Heimes in der Sternstraße. Die 63 Bewohner und deren Betreuer, die gerade mit den Vorbereitungen zum Abendbrot beschäftigt sind, lassen alles stehen und liegen. Im Haus stimmt etwas nicht, das ist allen in diesem Moment bewusst. Nur raus hier, es kann gefährlich werden. Soviel wissen sie.
Unter den geistig behinderten Menschen, die im Komplex ihr Zuhause haben, bricht keine Panik aus. Geordnet, aber schnell, verlassen sie ihr Zuhause. Nur weg vom Gebäude, aus dem Rauchschwaden quellen.
Wenige Minuten später treffen die Männer von der Hauptberuflichen Wachbereitschaft und der Freiwilligen Feuerwehr Halberstadt ein. Einsatzleiter Jörg Kelle macht sich in Windeseile mit der Lage vor Ort vertraut. Im ersten Stock soll ein Feuer ausgebrochen sein, zwei Personen werden vermisst. Der routinierte Einsatzchef instruiert seine Männer. Zwei Mann unter Sauerstoffgerät werden in den Rauch geschickt, um die Vermissten zu finden und in Sicherheit zu bringen. Mit dem ersten kehren sie kurze Zeit später bereits an die frische Luft zurück. Der Zweite folgt kurz danach.
Zwischenzeitlich rollen kreuz und quer Schläuche über den kleinen Platz vor dem Wohnheim. Was nach Chaos aussieht, ist oft geübte Rettungsarbeit. Jeder, der 20 eingesetzten Feuerwehrmänner weiß, was er in diesen Minuten zu tun hat.
Dann passiert etwas, womit in dieser angespannten Situation niemand rechnet. Aus der Gruppe der Evakuierten rennt plötzlich wieder jemand ins Haus. Just in dem Moment, als die Feuerwehrmänner den letzten Vermissten gerettet haben und das Feuer bekämpfen können. Gott sei dank ist es kein wirklich heißer Einsatz. Die Männer um Jörg Kelle üben nur, wenn auch unter ziemlich realistischen Bedingungen. “Dass der Mann ins Haus läuft, ist nicht geplant gewesen”, erzählt Kelle. Die Retter müssen noch einmal rein. Der etwas verwirrte Mann hat sich versteckt. Dennoch wird er gefunden. “Für die Männer war es gut, mit einer überraschenden Situation konfrontiert zu werden”, sagt Jörg Kelle. Dafür seien Übungen da, die Einsatzkräfte zu trainieren, damit im Ernstfall alles wie am Schnürchen läuft.
Jörg Kelle ist zufrieden mit dem Ergebnis der Übung. Das trifft auch für Annemarie Grütz von der Wohnheimleitung zu. “Wir haben im Heim schon öfter die Evakuierung geübt. Auch schon nachts. Allerdings noch nie unter so realistischen Bedingungen mit der Feuerwehr”, berichtet sie. Das habe viele wachgerüttelt, die die bisherigen Übungen schon nicht mehr mit dem gebührenden Ernst wahr genommen haben, erzählt Grütz.
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